Die Redakteurin der größten deutschen Frauenzeitschrift fuchtelt ungeduldig mit unserem Produkt vor unseren Nasen herum. „Was ist denn das jetzt?“, fragt sie. Sie kann mit unserem Produkt nichts anfangen. Wir hatten viel Geld an eine PR-Agentur gezahlt, um auf unserer Redaktionstour diesen Termin zu bekommen. Doch wenn sie das Produkt nicht versteht, wie soll dann jemand auf unserer Webseite das Produkt verstehen? Es war vielleicht doch nicht so eine gute Idee, Kosmetik über das Internet verkaufen zu wollen.
In der Start-up-Szene trifft man immer wieder Leute, die einem von ihrer Idee erzählen. Oder es gibt Freunde und Bekannte in meinem Umfeld, die neue Projekte starten und sie einem zeigen. Ich will ehrlich sein: Das meiste, was ich dann sehe, ist nicht besonders gut – um nicht zu sagen schlecht. Heißt das, dass sie es gleich bleiben lassen sollen? Nein, denn jede wirklich neue Idee ist am Anfang schlecht.
Marc Randolph, Mitgründer von Netflix, hat im Podcast von Tim Ferriss gesagt, dass er früher daran geglaubt hat, dass man nur genug schlechte Ideen haben muss und irgendwann ist eine gute dabei. Heute glaubt er, dass es nur schlechte Ideen gibt. Ebenso schreibt Safi Bahcall in Loonshots, dass wirklich innovative Ideen am Anfang immer Warzen haben.
Es gibt genügend Beispiele holpriger Starts. Das wohl bekannteste ist Amazons erste Webseite. Auch Netflix hat sein berühmtes Versandmodell, bei dem man die DVDs so lange behalten kann, wie man möchte, erst lange nach der Gründung erfunden und sich so vor der Insolvenz bewahrt. Und nicht zuletzt musste auch unsere Idee erst ein paar Jahre reifen, bis wir unsere Kunden- und Presseansprache soweit perfektioniert hatten, dass wir heute in vielen Frauenzeitschriften regelmäßig präsent sind.
Brauche ich also eine gute Idee, um ein Unternehmen zu gründen? Ich glaube, auf eine wirklich gute Idee kann man lange warten. Wenn sich die gute Idee als solche offenbart, ist es vermutlich schon so offensichtlich, dass andere bereits daran arbeiten. Was wir brauchen, ist eine Idee, an die wir glauben und bei der wir davon ausgehen, dass sie funktionieren kann, ohne zu wissen, ob sie funktionieren wird. Wie Seth Godin sagen würde: „This might not work.“ Oder Richard Branson: „Screw it, let’s do it!“